1 Gefangen im Diätenfrust?
"Ich habe seit Februar schon drei Diäten gemacht, aber ich habe jetzt im Sommer trotzdem 7 kg mehr als im Januar!!"
"Ich habe bestimmt schon 10 Diäten ausprobiert. Ein paar Wochen nach jeder Diät hatte ich wieder mein ursprüngliches Gewicht! Manchmal sogar mehr!"
Kommt dir das bekannt vor? Du kannst dich damit viele Jahre quälen und erreichst dennoch nicht dein Ziel und bist gefrustet. Die Lösung, um das für immer loszuwerden, besteht darin, dass du
1. deine Ernährung dauerhaft (!) umstellst, wobei die Reduktionsphase nur die erste Phase deiner Ernährungsumstellung darstellt
2. nach Erreichen des Wunschgewichts deinen Kalorienverbrauch (Verbrauch in Ruhe plus Verbrauch durch Bewegung und Sport) ungefähr so hoch hältst wie deine Kalorienaufnahme. Das muss natürlich nicht jeden Tag auf Null aufgehen. Wenn du einen Kalorienüberschuss zulässt (z.B. an Feiertagen), dann musst du hinterher für Defizite sorgen, sonst gehen die Probleme von vorne los.
Das bedeutet für dich:
beschäftige dich mit gesunder Ernährung, und kenne auch den Kaloriengehalt der Lebensmittel
haushalte mit den aufgenommenen Kalorien anders als bisher, das bedeutet auch Verhaltensänderungen: Reduzieren besonders kalorienreicher Speisen und Getränke, Reduzieren oder besser noch Streichen von Zwischen- und Zusatzmahlzeiten (Kekse in der Besprechung, Chips und Bier am Fernseher...)
sorge für genügend Alltagsbewegung und Sport, um deinen Kalorienverbrauch zu erhöhen
überwache dein Körpergewicht, am besten täglich (wenn deine Waage das kann: idealerweise auch die Körperzusammensetzung aus Fettgewebe, Muskelgewebe, Knochen, Wasser)
Im Internet und in den Medien findest du natürlich auch das genaue Gegenteil:
"Mach dich nicht verrückt, wirf deine Waage weg!",
"Kümmere dich nicht um Kalorien, hör einfach auf deinen Körper!",
"Wie du mühelos dein Wunschgewicht erreichst!"
Diese Botschaften zielen auf frustrierte, diätgenervte Menschen, die genau das hören wollen. Sie dienen dazu, dich auf eine mit Werbung gespickte Website zu locken, dir ein neues Buch zu verkaufen oder dir irgendwelche Produkte zu verkaufen, die das Abnehmen "ganz mühelos machen".
Absolut nichts geht hier mühelos! Das wird ein hartes Stück Arbeit! Wenn das mühelos wäre, wären alle Menschen schlank und durchtrainiert!
2 Der Startpunkt
Bevor du dir über konkrete Reduktionsdiäten Gedanken machst, beginne einige Etagen höher:
Entwickle ein Vision, also ein übergeordnetes Zielbild. Sie beschreibt das "Warum" hinter deinem Vorhaben. Also nicht nur „20 kg abnehmen“, sondern was dieses Ziel für dich bedeutet.
Beispiele:
"Ich möchte mich wieder leicht, gesund und energiegeladen fühlen. Ich will mich in meinem Körper wohlfühlen und aktiv am Leben teilnehmen"
"Ich möchte mir selbst im Spiegel gefallen und ich möchte, dass mich andere attraktiv finden."
"Ich möchte bis ins hohe Alter fit, schlank und gesund bleiben und mein Leben in vollen Zügen genießen können."
Tipp: Schreib deine Vision auf und kleb sie dir an deinen Spiegel!
Formuliere deinen konkreten Auftrag, zu dem du dich verpflichtest (dein "Commitment"), damit die Vision Wirklichkeit wird.
Beispiele:
"Ich verpflichte mich, meine Ernährung umzustellen und regelmäßig Sport zu treiben."
„Ich verpflichte mich, täglich mindestens 60 Minuten Bewegung in meinen Alltag zu integrieren und dies mit meiner Smartwatch zu dokumentieren.“
"Ich verpflichte mich, nicht mehr als 1.600 Kalorien am Tag zu mir zu nehmen und dies in meiner Ernährungs-App zu dokumentieren."
Tipp: Schreib dein Commitment auf und mache ein Foto davon, das du als Hintergrundbild für dein Smartphone verwendest!
Entwickle eine Strategie, also deinen Weg zur Zielerreichung.
Beispiel:
Ernährung: Kaloriendefizit von ca. 500 kcal pro Tag, Fokus auf vollwertige Lebensmittel
Bewegung: 3–4x pro Woche Sport (3 x Fitnessstudio plus Spaziergänge oder Wanderungen)
Tracking: täglich wiegen und dokumentieren, Körperfettgehalt und Muskelmasse täglich mit Smartwatch messen
Zwischenziele: alle 4 Wochen 2 kg Reduktion
Motivation: Belohnung bei Etappenzielen, z.B. einen Kurzurlaub
3 Zum Thema populärer Diäten
Ich rate dir, dich mit dem Thema Ernährung so weit vertraut zu machen, dass du in Eigenregie eine gesunde, ausgewogene Zusammenstellung von Lebensmitteln für deine persönliche Reduktionsdiät vornehmen kannst und dazu passend Gerichte/Rezepte aussuchen bzw. entwickeln kannst. Wenn dir Diäten aus Büchern oder aus dem Internet dabei helfen, dann nutze diese.
Ansonsten bin ich kein Freund von populären Diäten. In meinen Augen dienen sie meistens dazu, Publicity zur erzeugen und Bücher und Produkte zu verkaufen. Und manche führen eher zu einer Mangelernährung oder sind ernährungswissenschaftlich fragwürdig, insbesondere wenn man sie länger als wenige Wochen praktiziert. Zum Beispiel führen Low Carb, Paleo, Low Fat aufgrund ihrer Unausgewogenheit zu einem Nährstoffmangel. Wenn man das nur zwei Wochen macht, ist das unkritisch, aber viel länger sollte man das besser nicht praktizieren. "Detox" ist hauptsächlich ein Instrument, um unnötige Detox-Produkte (Tees, Pillen, Pflaster, sogar Zahnpasta) zu verkaufen. Der Mythos bei Detox ist, dass sich auch beim gesunden Menschen "Schlacken" oder Gifte ansammeln, die dann z.B. durch den Tee ausgeleitet werden. Das ist wissenschaftlich durch nichts belegt (siehe z.B. Detox: Der Mythos vom Entgiften). Der Körper hat dafür Organe und Mechanismen (Leber, Niere, Lunge). Auch die "Blutgruppendiät" ist ein Mythos, der wissenschaftlich nicht belegt ist (siehe z.B. Nutzen der Blutgruppendiät: Faktencheck medizin transparent ).
4 Tipps für deine Gewichtsreduktionsstrategie
Egal wie du es anpackst: Mangelernährung vermeiden
Mangelernährung musst du natürlich auch in deiner normalen Ernährung vermeiden. Bei einer Reduktionsdiät ist das aber besonders wichtig, weil du
weniger zu dir nimmst und daher trotz ausgewogener Ernährung ein Nährstoffmangel wahrscheinlich ist (zu Gegenmaßnahmen siehe bei "Mikronährstoffen")
falls deine Reduktionsdiät unausgewogen aufgebaut ist (z.B. ganz wenig Fett, oder ganz wenig Kohlehydrate) ein Nährstoffmangel entsteht
Wie dein Köper auf die Reduktionsdiät reagieren wird
Die natürliche Reaktion deines Körpers bei verringerter Kalorienzufuhr ist ein "Sparmodus". Er versucht, deinen Kalorienverbrauch zu reduzieren durch:
Verringerung des Grundumsatzes (d.h. deinen Kalorienverbrauch im Ruhezustand verringern)
Abbau von Muskelmasse (nicht gut, und auch kontraproduktiv, weil Muskeln relativ viel Energie verbrauchen und daher dein Energieverbrauch sinkt)
Abbau von Fett - was du ja erreichen möchtest
Hormonelle Veränderungen: Steigerung des Stresshormons Cortisol, um Fett aufzubauen und Reduktion von Schilddrüsenhormonen, um den Energieverbrauch zu senken
Energiesparmodus: Frieren und Müdigkeit (Durchblutung verringern, weniger Wärme produzieren, Verdauung verlangsamen)
Autophagie: der Körper recycelt beschädigte Zellbestandteile (mal was Positives, bei Tierversuchen wurde in vielen Studien eine längere Lebenserwartung nachgewiesen)
Maximaler Fettabbau bei minimalem Muskelverlust
Muskelabbau ist nicht nur wegen der Optik und der physischen Leistungsfähigkeit schlecht, er senkt auch den Energieverbrauch, was das Abnahmen weiter erschwert. Bei starkem Kaloriendefizit werden pro verlorenem Kilo (bestehend aus Fett, Wasser, Glykogenspeicher und Muskelmasse) ca. 250-390 g Muskelmasse abgebaut (zeitschrift-sportmedizin.de). Um das zu vermeiden und den Muskelabbau auf ca. 100 - 200 g zu verringern, helfen folgende Maßnahmen:
Das Kaloriendefizit moderat halten, maximal 15-20% des Kalorienbedarfs. Wenn du also z.B. 3.000 kcal pro Tag benötigst, solltest du auf maximal 2.550 bis 2.400 kcal runtergehen.
Proteinzufuhr erhöhen: Protein ist der entscheidende Nährstoff, um im Kaloriendefizit die Muskelproteinsynthese aufrechtzuerhalten und Muskelabbau zu verringern. Empfohlen werden 1,6–2,2 g Eiweiß pro kg Körpergewicht pro Tag (drmichaelaweber.com). Das ist deutlich mehr als die von der DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) empfohlene Menge (sogenannte RDA = Recommended Daily Allowance) von 0,8 g/kg und ist durch Studien belegt (siehe deutsch.medscape.com). In einer Untersuchung führte z.B. ein zusätzlicher Proteindrink mit 20 g Eiweiß zum Frühstück (bei kombiniertem Krafttraining und Diät) dazu, dass ältere adipöse Personen 0,5 kg Muskelmasse aufbauten, während die Kontrollgruppe ohne Extra-Protein 0,5 kg Muskelmasse verlor (siehe rosenfluh.ch.) Praktisch bedeutet das, dass jede Mahlzeit eine hochwertige Proteinquelle enthalten sollte. Außerdem wirkt Protein sehr sättigend, was bei einer Reduktionsdiät natürlich willkommen ist.
Proteine sind hilfreich beim Gewichtsmanagement: Proteine sättigen stärker als Fette und Kohlehydrate und haben relativ wenig Kalorien (4 kcal pro g, im Vergleich: Fett 9 kcal und Kohlehydrate 4 kcal.) Von den 4 kcal gewinnt der Körper aber tatsächlich nur ca. 3 kcal, weil die Verstoffwechselung von Eiweiß für den Körper aufwendig ist, lange dauert und viel Energie verbraucht. Es gibt zahlreiche Studien, die zeigen, dass eiweißbetonte Reduktionsdiäten sowohl die Gewichtsreduktion verbessern als auch den JoJo-Effekt verringern. (The role of protein in weight loss and maintenance - PubMed)
Aber Achtung: Eiweiß belastet die Nieren, bei gesunden Nieren ist das kein Problem. Ansonsten sollte man den GFR-Wert im Blut beobachten, der bei jungen, gesunden Erwachsenen bei mindestens 90 ml/min liegen solte, bei älteren Erwachsenen sind die erwarteten Werte niedriger.
(In meinem Ernährungskonzept nehme ich auch ohne Diät ca. 2 g Eiweiß pro kg Körpergewicht zu mir, wobei ich aus ethischen und gesundheitlichen Gründen hochwertiges veganes Proteinpulver verwende, um meine sonstigen Proteinquellen aufzustocken. Hier noch ein Warnhinweis: übermäßig viel tierisches Eiweiß hat durch Studien belegte gesundheitliche Negativeffekte: es fördert körperliche Mechanismen für Zellwachstum (mTOR und IGF-1) mit potenziellem Krebsrisiko. Tierisches Eiweiß enthält auch viele entzündungsfördernde Begleitstoffe, die oxidativen Stress und Entzündungen fördern.)
Krafttraining ist der effektivste Weg, um Muskeln im Kaloriendefizit zu erhalten (siehe drmichaelaweber.com). Dadurch werden Reize gesetzt, die dem Körper signalisieren, die vorhandene Muskulatur zu schützen oder sogar neu aufzubauen. Kombiniert man Kalorienrestriktion mit regelmäßigem Krafttraining, verliert man zwar insgesamt etwas weniger Gewicht auf der Waage, aber nahezu ausschließlich Fettmasse, während der Muskelverlust halbiert wird im Vergleich zur Diät ohne Training (siehe rosenfluh.ch).
Kreatin: Kreatin-Monohydrat ist eines der bestuntersuchten Supplemente im Sportbereich, bekannt für Leistungssteigerung in kurzen, intensiven Belastungen. In einer Diät hat Kreatin indirekt erhebliche Vorteile: es hilft, das Training bei Kaloriendefizit intensiv zu halten und Muskelsubstanz durch starke Reize zu erhalten. Besonders bemerkenswert ist, dass Kreatin im Alter hilft, den Muskelabbau (Sarkopenie) zu verlangsamen und die Leistungsfähigkeit zu steigern (siehe livadur.com). Die empfohlene Dosis ist 3-5 g/Tag. Insbesondere bei zu wenig Flüssigkeitszufuhr können höhere Dosen zu Muskelkrämpfen führen (stimmt! - hab ich selbst ausprobiert 😬).
Zusätzlich erhöht mehr Bewegung im Alltag (Gehen, Spaziergänge, Treppen, Gartenarbeit etc.) den Kalorienverbrauch und hilft, dem Sparmodus des Körpers entgegenzuwirken (siehe drmichaelaweber.com).
Ausdauersport verbessert die Fettverbrennung und Ausdauer, kann aber alleine die Muskelsubstanz nicht so gut schützen. Optimal ist eine Kombination: Primär Krafttraining zur Muskelerhaltung, ergänzt durch moderates Ausdauertraining zur zusätzlichen Kalorienverbrennung und Herz-Kreislauf-Gesundheit (siehe drmichaelaweber.com.)
Schlaf, Regeneration und Stressmanagement: Chronischer Stress und Schlafmangel bzw. schlechter Schlaf erhöhen Cortisol, was den Muskelabbau fördert und Fettabbau hemmen kann (siehe drmichaelaweber.com.)
Was ist von Nulldiätfasten zu halten?
Nulldiätfasten ist eine Möglichkeit, in z.B. einer Woche relativ viel abzunehmen. Leider hat man danach in relativ kurzer Zeit wieder viel Gewicht zugelegt. Woran liegt das? In den ersten drei Tagen verliert man hauptsächlich Wasser und Glykogen (= eine Speicherform von Glukose, dient als kurz- und mittelfristige Energiereserve). Danach verlagert der Körper die Energirgewinnung auf Fettabbau, aber auch Muskulaturabbau. Der Muskulaturabbau steigt, je länger man fastet.
Beispiel: Eine Frau von 165 cm Größe und 70 kg Gewicht veliert in einer Woche Fasten ca. 3,6 kg Gewicht. Wenn sie das Fasten beendet, nimmt sie schnell wieder ca. 0,5 kg zu (Wasser, Glykogen, Darminhalt). Sie hat zwar 2,1 kg Fett abgebaut, aber auch ca. 1 kg Muskulatur. Ihr Grundumsatz hat sich beim Fasten um ca. 10-15% reduziert. Dieser steigt binnen 1-2 Wochen wieder an, erreicht aber nicht das alte Niveau und bleibt aufgrund des Muskulaturverlusts erniedrigt. Erst wenn die Muskulatur wieder aufgebaut ist, erreicht er wieder sein altes Niveau. Das führt zu einer schleichenden Gewichtszunahme, selbst bei optimal angepasster Ernährung. In der Realität wird ihr Gewicht aber noch weiter ansteigen, wenn sie nicht gelernt hat, ihre Ernährungsgewohnheiten (die ursächlich für ihr Übergewicht waren) dauerhaft zu verbessern. Das führt zu dem berüchtigten JoJo-Effekt.
Ich halte daher nichts von Nulldiätfasten. Ich rate dazu, sich in einer längeren Reduktionsdiätphase eine gesunde, ausgewogene, maßvolle Ernährung anzugewöhnen und diese auch nach der Reduktionsphase dauerhaft beizubehalten. Ziel muss sein, dass man Körper, Bewegung und Ernährung in ein dauerhaftes Gleichgewicht zu bringen, so dass nie wieder eine Diät erforderlich wird!
Und wie ist es mit Intervallfasten?
Ich praktiziere Intervallfasten seit vielen Jahren in der 16:8 Variante (Nahrungsaufnahme auf 8 Stunden begrenzen (bei mir 12 Uhr bis 20 Uhr) und in den restlichen 16 Stunden nichts essen). Meine Motivation war jedoch nicht Gewichtsreduktion, sondern gesundheitliche Vorteile, insbesondere Autophagie (siehe Autophagie: „Selbstverstümmelung“ als Überlebensstrategie – Deutsches Ärzteblatt). Die Autophagie ist bei dieser kurzen Fastenzeit nicht so ausgeprägt, aber wenn man es jeden Tag macht, scheint sich der Effekt zu kumulieren. Ich behalte es trotzdem bei, weil es mir gut tut. Viele Stunden lang nichts zu essen ist eine interessante Erfahrung, man erkennt plötzlich, dass man nicht ständig essen muss und sich trotzdem gut fühlt. Es hat mir auch geholfen, die Nahrung bewusster zu genießen und zu wertschätzen. Zwei mal am Tag statt drei mal am Tag zu essen ergibt auch größere Portionen, nach denen ich richtig satt bin und die lange anhalten.
Manchmal weiche ich von dem 16:8 Rhythmus ab, z.B. im Urlaub (Frühstück im Hotel, tagsüber keine Nahrung, erst wieder beim Abendessen). Auch das akzeptiert mein Körper klaglos. Und wenn ich vormittags Sport mache, nehme ich auch ein kleines Frühstück zu mir.
Warum wir essen
Klingt seltsam. Weil wir Hunger haben? Aber schauen wir genauer hin:
Morgens um 10 Uhr, weil da die Kollegen immer ein zweites Frühstück einnehmen (es sind immerhin schon 3 Stunden nach dem ersten Frühstück vergangen!)
Nachmittags im Meeting (Carola hat extra Kuchen gebacken)
Abends auf der Couch, weil Fernsehen und Knabbern untrennbar zusammengehören
Im Stress, weil ein Schokoriegel schnell Trost spendet.
Was ist eigentlich Hunger?
Der echte, physiologische Hunger entsteht durch hormonelle Steuerung (Ghrelin, Leptin, Insulin) und das Absinken des Blutzuckerspiegels. Er tritt meist mehrere Stunden nach der letzten Mahlzeit auf. Der Körper signalisiert echten Hunger meist durch:
ein leichtes Ziehen oder Knurren im Magen,
zunehmende Konzentrationsprobleme oder Gereiztheit,
ein Nachlassen der Energie,
nicht auf bestimmte Lebensmittel bezogene Esslust.
Falscher Hunger – psychologische Täuschung
Was wir oft für Hunger halten, ist in Wirklichkeit:
Appetit: Lust auf ein bestimmtes Lebensmittel, oft getriggert durch Gerüche, Bilder oder Gedanken („Ich hätte jetzt richtig Lust auf ein Croissant“).
Gewohnheit: Der Körper „erwartet“ Essen zu bestimmten Uhrzeiten oder in bestimmten Situationen – auch wenn es energetisch nicht nötig wäre.
Emotionen: Stress, Langeweile, Frust, Einsamkeit oder Belohnungsbedürfnis können Essverlangen auslösen – ganz ohne Kalorienmangel.
Umgebungsreize: Werbung, soziale Kontexte, offene Buffets oder die Nähe zum Kühlschrank verführen uns zum Griff ins Essen – oft unbewusst.
Die Kunst, echten und falschen Hunger zu unterscheiden
Diese Fähigkeit ist ein zentrales Element jeder erfolgreichen Reduktionsdiät und Voraussetzung für ein bewussteres Essverhalten:
Echte körperliche Signale erkennen – nicht jedes Magenknurren ist Hunger.
Trigger identifizieren: Frust, Langeweile, Werbung?
10-Minuten-Regel: Bei akutem Essverlangen: 10 Minuten warten. Wenn es dann noch da ist, kann man reflektierter entscheiden.
Verzicht einüben: Wer regelmäßig bewusst verzichtet, stärkt seine Selbstwirksamkeit (= Überzeugung einer Person, dass sie in der Lage ist, bestimmte Aufgaben oder Herausforderungen erfolgreich zu meistern und ihre Ziele zu erreichen) und sein Kalorienmanagement.
Ich kenne dieses Gefühl sehr gut, wenn der Blutzucker am Nachmittag so ca. 16...17 Uhr absinkt mit den oben beschriebenen Symptomen. Ich betrachte das Gefühl kurz - und ignoriere es dann. Das Gefühl trollt sich dann nach einer Weile und lässt mich in Ruhe bis ich entscheide, wann es Zeit fürs Abendessen ist. Es geht also nicht darum, Hunger dauerhaft zu unterdrücken oder sich ständig zu kasteien – sondern um achtsame Steuerung. Wer sein Hungergefühl versteht, kann gezielter steuern und unnötige Kalorien vermeiden. Das Beherrschen von Hunger, Appetit und Esslust ist kein Kampf gegen sich selbst – sondern ein Training in Selbststeuerung. Wer erkennt, wann der Körper wirklich Energie braucht und wann nicht, hat den Schlüssel zu dauerhaftem Kalorienmanagement in der Hand.
Hunger ist kein Notfall.
Also keine Angst: Man stirbt nicht, wenn man dem Hunger nicht sofort nachgibt! Der Körper hat Reserven. Selbst bei schlanken Menschen reichen die Fettdepots für Wochen – man muss nicht alle zwei Stunden Energie zuführen. Es ist völlig unbedenklich, ja sogar gesundheitsförderlich, mal zwei oder drei Stunden Hunger auszuhalten, bevor die nächste reguläre Mahlzeit ansteht. Mit etwas Übung vergeht das Hungergefühl sogar, wenn man sich ablenkt oder ein Glas Wasser trinkt.
Wir essen – und der Blutzucker steigt. Das ist ganz normal. Problematisch wird es aber, wenn dieser Anstieg schnell und steil verläuft – und das mehrmals täglich. Denn solche „Zuckerberge“ im Blut sind nicht nur ein Risiko für Übergewicht und Diabetes, sondern stehen auch mit Alterungsprozessen und stillen Entzündungen in Verbindung.
Was ist der glykämische Index (GI)?
Der glykämische Index beschreibt, wie stark ein kohlenhydrathaltiges Lebensmittel den Blutzuckerspiegel ansteigen lässt – im Vergleich zu reinem Traubenzucker (GI = 100).
Hoher GI (über 70): Weißbrot, Cornflakes, Kartoffelpüree, Gummibärchen
Mittlerer GI (56–69): Vollkornbrot, Basmati-Reis, Banane
Niedriger GI (unter 55): Hülsenfrüchte, Haferflocken, Naturjoghurt, Nüsse
Je höher der GI, desto schneller und höher schnellt der Blutzucker nach dem Essen in die Höhe.
Quelle: https://www.ernaehrungs-umschau.de/fileadmin/Ernaehrungs-Umschau/pdfs/pdf_2013/01_13/EU01_2013_M026_M038.2.pdf
Warum sind steile Blutzuckerkurven problematisch?
Insulinachterbahn: Ein schneller Blutzuckeranstieg provoziert eine kräftige Insulinausschüttung. Dieses Hormon senkt den Blutzucker – manchmal so stark, dass man sich kurz danach wieder hungrig und müde fühlt. Folge: Heißhunger – trotz ausreichender Kalorienzufuhr.
Fettablagerung: Insulin ist ein „Einlagerungshormon“. Häufige Blutzuckerpeaks fördern die Fetteinlagerung, vor allem am Bauch.
Chronische Entzündung: Stark schwankende Blutzuckerwerte können sogenannte AGE-Verbindungen (Advanced Glycation Endproducts) fördern – Zuckerreste, die sich an Eiweiße binden und Entzündungsprozesse verstärken. Sie stehen im Verdacht, die Gefäßalterung, die Entstehung von Arteriosklerose und kognitiven Abbau zu fördern.
Alterung und Zellstress: Zellen altern schneller, wenn sie dauerhaft unter oxidativem Stress und Entzündungsreiz stehen – und genau das können häufige Glukosespitzen bewirken.
Glykämische Steuerung: Wie du mit kluger Lebensmittelauswahl gegensteuerst
Hier ein paar einfache Prinzipien:
Vollkorn statt Auszugsmehl
Haferflocken, Vollkornbrot, Naturreis – sie lassen den Blutzucker viel langsamer steigen als Weißbrot oder Cornflakes. "Schnelle Kohlenhydrate“ (z. B. Weißbrot mit Marmelade) erzeugen Peaks.
Ballaststoffe einbauen
Sie verzögern die Magenentleerung und den Zuckeranstieg. Gemüse, Hülsenfrüchte, Leinsamen und Obst mit Schale sind ideal.
Eiweiß und Fett bremsen den Zucker
Ein Apfel + ein Stück Käse sättigt länger und führt zu einem flacheren Blutzuckerverlauf als ein Apfel allein.
Zuckerhaltige Getränke vermeiden
Cola, Limonade, aber auch Fruchtsäfte erzeugen massive Zuckerspitzen – flüssige Kalorien sind der Turbo für Insulin.
Süßigkeiten sehr sparsam konsumieren
Ich liebe Schokolade! Und ich liebe Eis, besonders Schokoladeneis! Und Schokoladekuchen! Ich könnte darin baden! Aber ich habe es mir trotzdem abgewöhnt. Wir kaufen es nicht und wir haben es nicht im Haus. Ab und zu (alle 1-2 Monate) ergibt es sich mal im Restaurant oder auf Partys - dann genieße ich es sehr, aber dann ist es wieder gut für längere Zeit. Das ist wie ich Selbststeuerung lebe.
Zwischenbemerkungen zum glykämischen Index und dessen Interpretation und Aussagekraft
Nicht alles, was einen niedrigen GI hat, ist gesund: Der GI bezieht sich auf Glukose (Traubenzucker, GI = 100). Andere Zuckerarten sind durchaus gesundheitsschädlich, haben aber einen niedrigen GI:
Beispiel 1: Fructose (Fruchtzucker) hat einen GI von nur 20-25, wird aber insulinunabhängig in der Leber verstoffwechselt. Bei einem Überschuss werden Fettsäuren gebildet und in der Leber gespeichert (Risiko: Fettleber!) und im viszeralen Fettgewebe gespeichert. Das viszerale Fettgewebe ist besonders gesundheitsschädlich:
Aussendung entzündungsfördernder Botenstoffe (Zytokine), die chronische Enzündungen fördern, die Krankheiten wie Diabetes, Herzinfarkt und Depressionen begünstigen. Chronische Entzündungen ("silent inflammation") sind besonders tückisch, weil sie unbemerkt im Körper ablaufen und dennoch massive Auswirkungen auf die Gesundheit haben können: sie sind Mitverursacher vieler Zivilisationskrankheiten wie Herz-Kreislauferkrankungen, Typ-2-Diabetes, Autoimmunerkrankungen, Depressionen, Demenz, Krebserkrankungen.
Das Hormon Leptin wird von den Fettzellen produziert und signalisiert dem Gehirn Sättigung. Bei viel viszeralem Fett entsteht eine Leptinresistenz, d.h. das Gehirn ignoriert die Sättigungssignale und es kommt zu Heißhunger, Überessen und entsprechender Gewichtszunahme.
Viszerales Fett senkt die Produktion des Hormons Adiponektin, das entzündungshemmend wirkt und die Insulinsensitivität verbessert. (Risiko: Diabetes, Herzkrankheiten)
Viszerales Fett erhöht die Ausschüttung des Hormons Cortisol (das Stresshormon), das die Fettablagerung im Bauchraum fördert, die Schilddrüsenfunktion stört und den Geschlechtshormonhaushalt beeinflusst. (Risiko: Libidoverlust, Menstruationsstörungen, Testosteronmangel)
Viszerales Fett fördert die Umwandlung von Testosteron in Östrogen. Risiko bei Männern: Testosteronmangel, Verlust von Muskelmasse, Energieverlust, Risiko bei Frauen: durch die Östrogendominanz kannes zu Brustkrebs und PCOS (Polyzystisches Ovarialsyndrom) kommen.PCOS kann zu unregelmäßigen Menstruationsperioden kommen, den Androgenspiegel erhöhen (übermäßiger Gesichts- und Körperhaarwuchs, Akne, Haarausfall usw.)
Beispiel 2: Saccharose (Haushaltszucker, GI = 65) findet sich in Süßigkeiten. Wenn in der Süßigkeit ansonsten keine Glukose enthalten würde, liegt Saccharose mit einem GI von 65 nicht viel über Vollkornbrot (GI = 55). Natürlich ist diese Süßigkeit alles andere als gesund, denn sie wird bei der Verdauung in Glukose und Fructose aufgespaltet und belastet den Körper auf den zwei unterschiedlichen Verarbeitungswegen von Glukose und Fructose und kombiniert damit beide Risikoprofile.
Der GI von manchen Lebensmittel variiert sehr stark. Z.B. gibt es bei Reis über 100 verschiedene GI-Werte, je nach Sorte und Zubereitung.
Es gibt auch Studien, wie verschiedene Labore den GI identischer Proben bewertete und dabei zu großen Unterschieden kamen.
Auch die Temperatur beim Verzehr macht einen Unterschied: abgekühlte Kohlehydrate bilden resistente Stärke mit einem sehr niedrigen GI.
Wenn ein Lebensmittel als Teil einer Mahlzeit gegessen wird, verändert sich der GI. Z.B. Brot alleine und Brot mit Butter haben einen unterschiedlichen GI.
Es gibt Studien, die große Unterschiede zwischen Personen zeigen (z.B. 5 mal höherer Glukosespiegel zwischen verschiedenen Versuchspersonen bei identischer Mahlzeit). Ursachen sind z.B. deren Ernährungsgewohnheiten, wie viel sie sich bewegen, wie ihr Körper zusammengesetzt ist (Knochen, Fettgewebe, Muskelmasse, Körperflüssigkeit), und wie ihr Darmmikrobiom zusammengesetzt ist. (Personalized Nutrition by Prediction of Glycemic Responses: Cell )
Interessanterweise gibt es auch Unterschiede (z.B. bis zu 59% Differenz in der Insulinausschüttung) bei ein und derselben Person. (Human postprandial responses to food and potential for precision nutrition | Nature Medicine )
Ein Blutzuckerspiegel ohne hektisches auf und ab bedeutet:
Weniger Heißhunger
Bessere Konzentration
Weniger Fettaufbau
Mehr Energie im Alltag
Schutz vor Alterungsprozessen und Entzündungen
Ausnahmen, Refeed Days, Cheat Days
Ausnahmen: Wir leben nicht auf einer einsamen Insel, wir haben Familie, Freunde, veranstalten Partys, gehen in Restaurants usw. Wie damit umgehen? Hier ein paar Tipps: Ausnahmen haben ihre Berechtigung, so lange das Sozialleben nicht NUR aus Ausnahmen besteht. Dann kannst du deine Selbststeuerung vergessen und hast deine Kilos und deinen Bauch wieder drauf. Also mit Maß! Ich handhabe das so: Ich sorge vor oder nach einem solchen Event für ein ausgleichendes Kaloriendefizit, z.B. durch einen größeren Kalorienmehrverbrauch (härteres Training, längere Wanderung, ...). Ich habe einige kalorienreduzierte Gerichte, die ich gerne esse, die gut schmecken und die einigermaßen satt machen. Mit denen gleiche ich dann den Überschuss wieder aus.
Refeed Days: Bei einer Reduktionsdiät kann es zu einer Reduzierung der Hormone Leptin (Sättigungshormon), T3 (aktives Schilddrüsenhormon) und Testosteron und einer Steigerung von Cortisol (Stresshormon) kommen. Mit einem Refeed erhöht man z.B. einmal pro Woche oder alle 10-14 Tage die Kalorienzufuhr auf den Normalbedarf oder etwas höher (hauptsächlich mittels komplexer Kohlehydrate, die Proteinmenge bleibt hoch, Fett bleibt wie bisher oder wird sogar reduziert). Der Leptinspiegel steigt schnell an und die Glykogenspeicher werden aufgefüllt. Man demonstriert dem Körper quasi "Keine Hungersnot, es ist genug Nahrung vorhanden", damit er den Stoffwechsel nicht weiter herunterregelt und der Grundumsatz also nicht reduziert wird.
Cheat Days ("Betrugstage") bedeutet freier Konsum ohne Regeln. Dieses Konzept wird z.T. propagiert, um eine Belohnung zu bieten und es soll die Motivation, die Diät fortzusetzen, steigern. Je nachdem, was man isst, steigt noch nicht mal der Leptin-Spiegel. Ich halte davon überhaupt nichts. Ich habe Menschen gesehen, die sich mit dieser Begründung am Wochenende mit hochkalorischen Schlemmereien geradezu vollgestopft haben und sich schon die ganze Woche darauf gefreut hatten. Es feiert einen begehrenswerten Zielzustand, den man eigentlich aus dem eigenen "Bedürfnismenü" loswerden wollte. Nein, das ist nicht das Ziel. Siehe auch nächsten Abschnitt.
Von "eat what you love" zu "love what you eat"
Du hast in deiner Vergangenheit gegessen, was dir geschmeckt hat und worauf du Lust hattest. Daran musstest du etwas ändern. Du hast dich jetzt auf den Weg gemacht, deine Ernährung und dein Gesundheit ganz neu zu gestalten. Wenn das gesunde, kalorienökonomische Essen, das du heute zu dir nimmst, langweilig, öde und unappetitlich ist, hast du etwas falsch gemacht. Du musst deine Kreativität einsetzen, damit deine Gerichte gut schmecken, gut riechen, gut aussehen UND dir gut tun. Also, love what you eat!
Jetzt kommen wir zum Alkohol
Ich beginne gleich mit einem Bekenntnis: Ich liebe Wein! Und Sekt! Und Champagner! Und Crémant! Und Prosecco! Aber ich handhabe das so wie mit meiner geliebten Schokolade, siehe oben. Leider....
Hier sind die Gründe:
Alkohol ist für den Körper ein Gift. Es erhöht nachweislich das Krebsrisiko (z. B. Brust, Leber, Darm). Und er fördert Alterungsvorgänge (Zellstress, Reparaturmechanismen), Entzündungsprozesse und die Bildung von Fettleber. Er verschlechtert deinen Schlaf, was sich auch negativ auf deinen Alterungsprozess auswirkt. (Ich nutze Schlaftracking mit einer Smartwatch und kann sofort sehen, wie sich meine Schlafparameter nach Alkoholkonsum verschlechtern - was mich aber nicht davon abhält, gelegentlich ein Glas mit Freunden zu genießen.)
Alkohol hat etwa 7 kcal pro Gramm – mehr als Kohlenhydrate (4 kcal/g) und fast so viel wie Fett (9 kcal/g). Hinzu kommt noch der Zucker in alkoholischen Getränken.
Problematisch ist auch, dass diese Kalorien nicht sättigen. Im Gegenteil – Alkohol regt sogar den Appetit an. (Kenne ich sehr gut)
Alkohol bremst die Fettverbrennung: Der Körper betrachtet Alkohol als „Gift“ und priorisiert dessen Abbau. Die Folge ist die Fettverbrennung wird gestoppt, bis der Alkohol vollständig verarbeitet ist. Aufgenommene Kalorien aus Essen werden in dieser Zeit eher gespeichert. Das bedeutet: Wer abends Wein und dazu Chips oder Käse isst, schiebt die Energie besonders effizient ins Depot.
Alkohol fördert Heißhunger und Kontrollverlust: Alkohol verändert die Signalverarbeitung im Gehirn – auch in Bezug auf Hunger, Belohnung und Impulskontrolle:
Das Gehirn-Belohnungssystem wird aktiviert, Dopamin wird ausgeschüttet.
Selbstkontrolle sinkt: „Ach, heute ist es doch egal...“
Esslust steigt: Alkohol fördert besonders die Lust auf salziges, fettiges oder süßes Essen.
Sättigungssignale werden überhört.
Kenne ich aus der Vergangenheit nur zu gut. Nach zwei Gläsern Wein ist plötzlich der Chipsbeutel „von selbst“ leer .
Unterm Strich: Für dich und deine Ziele ein Teufelszeug - Finger weg bis du dein Wunschgewicht erreicht hast and danach mit Bedacht damit umgehen.
Strategien, um mit ungesunden Nahrungs- und Genussmitteln umzugehen
Wie gehst du um mit Chips, Flips, Gummibärchen, Schokolade, Zigaretten und dergleichen? Wir betrachten zwei mögliche Strategien:
Radikaler Verzicht - "aus dem Haus verbannen"
Psychologische Grundlage: du vermeidest den Reiz und unterbrichst die Gewohnheiten ("Chips beim Fernsehen"). Du hast keinen inneren Kampf im Alltag, weil das Produkt schlicht nicht verfügbar ist. Das eignet sich besonders in der Anfangsphase deiner neuen, gesünderen Lebensphase.
Persönlicher Kommentar: Damit habe ich die besten Erfahrungen gemacht. Ich habe das nicht mehr im Haus und Schluss! Dass man gelegentlich Ausnahmen außer Haus oder bei Partys macht, gehört zum Leben dazu. Hauptsache man konsumiert das nicht gewohnheitsmäßig.
2. Maßhalten lernen - „im Haus haben und kontrollieren“
Aus meiner Erfahrung wesentlich schwieriger. Wenn du nicht alleine lebst und nicht alle mitspielen, bleibt dir nichts anderes übrig. Dann hast du aber "Selbstkontrollkosten" und Rückfallgefahr, wenn du z.B. eine Routine entwickelt hast, dass du bei Stress, Müdigkeit, Frust Schokolade isst. Charles Duhigg erklärt dazu in seinem Buch "Die Macht der Gewohnheit", wie man diese "habit loop" unterbricht: entweder den auslösenden Reiz vermeiden (z.B. Stress) oder die eingeübte Routine durch eine andere ersetzt, z.B. mit dem Hund spielen oder einen Spaziergang machen.
Ernährungs-Apps - Fluch oder Segen?
Für viele ist das eher abstrus, aber manche finden das gut und nützlich. Ich gehöre zur zweiten Kategorie. Wer das nicht kennt: Mit einer solchen App kannst du deine Nahrungsmittel- und Getränkeaufnahme protokollieren. Damit kannst du deine Kalorien zählen, aber auch automatisch Protokoll führen über deine Aufnahme vom Makronährstoffen (Eiweiße, Kohlehydrate, Fette) und Mikronährstoffen (Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente) und sonstigen interessanten Inhaltsstoffe (Ballaststoffe, Antioxidantien, usw.). Ich habe früher die FDDB App genutzt und bin dann auf Cronometer umgestiegen, weil in deren Datenbank viel mehr Nährstoffe enthalten sind. Beide kann man als Smartphone App nutzen oder in einem Web Browser auf dem Computer.
Auch wenn diese Apps Arbeit machen, empfehle ich dir deren Nutzung zumindest während deiner Reduktionsdiät. Das sind die Gründe:
Du lernst beim Nachschlagen eines Nahrungsmittels ungeheuer viel über seine Inhaltsstoffe, insbesondere über dessen Kaloriendichte. Das brachte für mich am Anfang viele Aha-Effekte: "Wow, das hat nur halb so viel Kalorien wie das andere und schmeckt mir auch sehr gut. Ich werde in Zukunft mehr von dem essen". Du lernst also unheimlich viel und kannst dir für deine Reduktionsdiät schmackhafte Rezepte zusammenstellen, die viel weniger Kalorien haben als das, was du bisher gegessen hast. Du bekommst allmählich einen viel tieferen Einblick in die Nahrung und was du bevorzugen solltest und was meiden.
Sie erlauben dir eine bessere Steuerung deiner Makronährstoffe. Beispiel: In einer Reduktionsdiät kann es sinnvoll sein, etwas mehr Eiweiß zu sich zu nehmen, insbesondere, wenn du dein Sportprogramm steigerst und Muskeln aufbauen möchtest. Außerdem wirkt Eiweiß sehr sättigend und das kommt dir auch gelegen. Mein Zielwert ist z.B. 2,2 g Eiweiß pro kg Körpergewicht, das ist die Empfehlung für Menschen, die viel Sport treiben und Muskeln aufbauen wollen.
Insbesondere wenn deine Reduktionsdiät lange dauern wird (z.B. viele Monate) ist es sinnvoll, auch die Mikronährstoffversorgung sicherzustellen. Das ist relevant, weil du in der Reduktionsdiät weniger Nahrung zu dir nimmst, und dadurch auch weniger Mikronährstoffe aufnimmst. Es wird zwar immer wieder von Ärzten und Gesundheitsorganisationen behauptet, dass man mit einer "ausgewogenen Ernährung" automatisch alle Mikronährstoffe in ausreichender Menge zu sich nähme. Ich habe das bei mir durch die Protokollierung in der Ernährungs-App gesehen, dass das alles andere als sicher ist. Obwohl ich mich extrem gesund ernähre, hatte ich einige große Defizite. Ich kenne z.B. einige Menschen, bei denen im frühen Rentenalter starke Osteoporose festgestellt wurde, und da waren schon immense Schäden am Knochenapparat aufgetreten. Hauptursachen: langjähriger Mangel an Vitamin D3, Vitamin K2 und Kalzium. Also: Besser Vorsicht als Nachsicht!
Wie kann nun ein Reduktionsprogramm konkret aussehen?
Marianne wiegt 75 kg und möchte auf 60 kg reduzieren, So könnte ihr Programm aussehen:
Ein klares Jein! Studien zeigen eine kaum merkliche Gewichtsreduktion gegenüber Kontrollgruppen (die nicht gefastet haben). Allerdings gibt es andere gesundheitliche Vorteile (u.a. leichte Verbesserung von Insulinempfindlichkeit, Blutdruck, Blutfettwerten, sowie Zellgesundheit und Anti-Aging durch Autophagie).
Allerdings haben einige Studien gezeigt, dass bei Intervallfasten auch ohne geplante Kalorienreduktion intuitiv weniger Kalorien aufgenommen wurden, weil disziplinierter mit dem Essen umgegangen wurde (z.B. Vermeidung des ungesunden "Snackens").
Ich praktiziere die 16:8 Methode als Baustein meiner Anti-Aging-Strategie schon seit Jahren und zwar mit einer leichten Kalorienreduktion, aber ohne Mangelernährung (d.h. ich nehme ausreichend Makro- und Mikronährstoffe auf). Meine Erfahrungen damit: meine zwei Mahlzeiten sind sehr ballaststoffreich (Obst, Gemüse, Cerealien) und haben relativ viel Gewicht und Volumen. Dadurch ergibt sich ein starkes und lang anhaltendes Sättigungsgefühl. Snacks/Zwischenmahlzeiten sind gelegentliche Ausnahmen. Mein durchschnittlicher täglicher Kalorienbedarf (Sport mit eingerechnet) liegt bei ca. 2.700 Kcal. Meine Kalorienaufnahme liegt etwas darunter, so dass ich ein Defizit von ca. 200-300 Kcal am Tag habe. Der Kalorienüberschuss durch Partys, Urlaube etc. macht sich zwar kurzfristig auf der Waage bemerkbar, normalisiert sich aber nach 2-3 Tagen wieder.
Zurück zur Ausgangsfrage (taugt Intervallfasten ohne Kalorienreduktion zur Gewichtsreduktion): genau genomme, nein. Allerdings kann es zu mehr Ernährungsbewusstsein und -disziplin führen (vermeiden von Snacks, bewusstere/gesündere Ernährung). Damit sind wir bei Intervallfasten mit Kalorienreduktion, was natürlich Gewicht reduziert. Dabei sollte man aber die Kalorienreduktion gering halten, z.B. ca. 10%, damit der Körper nicht auf Sparflamme geht (d.h. den Grundumsatz reduziert). Außerdem sollte man auf genug Bewegung/Sport achten. Wer diese Diszplin aufbringt, kann zwei positive Effekte bewirken:
Eine langsame, stetige Reduktion des Körpergewichts und allmähliche Veränderung der Figur - die Lieblingshosen passen wieder, man fühlt sich wohler, schaut wieder gerne in den Spiegel....
Gesündere Ernährungs- und Lebensgewohnheiten und die Rückfallgefahr in alte, schädliche Verhaltensmuster nimmt ab.
Ab hier Baustelle...............